Die Köhlerei auf der Häuselloh
Eisenverarbeitung im Arzberger und Selber Raum
Die Eisenerzverhüttung und Eisenbearbeitung seit der Zeit um 700 v. Chr. machte die bäuerlichen Kulturen weitgehend unabhängig von den Rohstoffquellen. Während der gesamten Bronzezeit musste Metall importiert werden. Eisenerz hingegen stand fast überall im heimischen Boden zur Verfügung. Aufschlüsse über Eisengewinnung und Eisenverarbeitung geben uns Funde von Röstanlagen, Rennfeueröfen, sowie Meilerplätzen. Die heutige Zeit verheimlicht ihrem Betrachter durch den Deckmantel der Natur sehr häufig den Blick auf die Geschichte. Um unsere Gegend, die Namen, Begriffe und das Tun unserer Vorfahren besser zu verstehen, wird versucht, dies auf der Häuselloh mit Projekten anschaulich zu machen. Dort wo der Selbbach mündet, war es früher nicht so still. Das Egertal hat schon ganz andere Zeiten erlebt. Davon berichten alte Urkunden und Bücher. Unser Fichtelgebirge war im Mittelalter ein Zentrum der Eisenindustrie. Es rauchte und hämmerte in den Tälern, wo dem Menschen die Kraft des Wassers zur Verfügung stand. Wald, Gebirge und Flüsse boten die Voraussetzungen für die handwerkliche Herstellung von Rüstungen, Schwertern, Spießen, Pflügen, Werkzeugen, Nägeln usw. Ursache war der vorhandene Eisenstein, die Wasserkraft und die Wälder, die Holzkohle zur Verhüttung lieferten.
Nach der Bergordnung von 1539 war das Schmelzen von Erzen nur in Ausnahmefällen gestattet. Das heißt, wer Hammerwerke und Eisenverhüttung betrieb, brauchte eine Genehmigung. Der Erzabbau war schwere Knochenarbeit. Der Name Arzberg (Erzberg) kündet heute noch von diesem Handwerk. Der Hammer im Wellertal z.B. bezog seinen Eisenstein aus Arzberg und den Gruben „Victoria“ und „Gottes Gab“ bei Selb, sowie „St. Johannes“ bei Längenau, einem sehr strengflüssigen Eisenglimmer, wie berichtet wird. Mit schweren Fuhrwerken wurde das Eisenerz über schlecht befestigte Wege, z.B. Längenau, Häusellohe, Silberbach ins Wellertal befördert, wo es in Pochwerken kleingestampft wurde. Das dort zerkleinerte Eisenerz wurde dann im Rennofen geschmolzen und als schmiedbares Eisen im Hammerwerk weiterverarbeitet. Noch heute findet man, z.B. in der Waldabteilung "Brunnenbühl" beim Wellerthal alte Ofenruinen, die von der Eisenverhüttung im Fichtelgebirge künden.
Ortsnamen wie Kaiserhammer, Hendelhammer, Wellerthal, Peckelhammer, Wendenhammer, Schwarzenhammer, Leupoldshammer und Hammergut erzählen von der Weiterverarbeitung des gewonnenen Rohstoffes. Erste urkundliche Aufzeichnungen im 14. Jahrhundert erwähnen ein „uraltes Bergwerk“ in Arzberg. Im 16. Jahrhundert befinden sich Bergwerke bei Kothigenbibersbach und Schlottenhof, sowie am Unteren Markt in Arzberg. Zu Humboldts Zeiten (18. Jahrhundert) liegen dem südlichen Marmorzug folgend die Eisengruben vorwiegend zwischen Arzberg und Röthenbach (woher auch das Erz für den ersten Versuch auf der Häuselloh herstammt) und später auch im Unteren Revier östlich von Arzberg mit den Gruben „Morgenröte“ und „Kleiner Johannes“, wo in den letzten Jahren die Infostelle für Bergbau eingerichtet wurde.
Folgende Bergbauperioden in Arzberg sind bekannt:
bis um 1400 | Blütezeit des Tagebergbaus |
um 1430 | Rückgang des Bergbaus (Hussiten/Böhmenkriege) |
1618 – 1648 | Verfall des Bergbaus (Dreißigjähriger Krieg) |
1670 – 1730 | Kurzzeitiger Aufschwung unter Benedikt Beuthner und Christoph Weller |
1792 – 1860 | Nachblüte während und nach preußischer Verwaltung. (1792 – 1796 Alexander v. Humboldt in Arzberg). |
Um 1900 | Nochmaliger kurzer Aufschwung. |
Vor 1914 | Stilllegung der letzten Bergwerke |
1937 – 1941 | Letzter Bergbaubetrieb auf der Zeche „Kleiner Johannes“ |
Die Entstehung der Arzberger Eisenerze geht auf die Anhebung des einstigen Ozeans in dieser Gegend und der Auffaltung des Variskischen Gebirges vor über 200 Millionen Jahren zurück. Vulkanische Gase und Erzlösungen, vor allem mit Eisen, Mangan, Blei, Zink und Kupfer drangen in die Klüfte ein. Eisenspat, genannt Weißeisenerz (Siderit), entsteht, indem der Kalk (Marmor) das Eisen aufnimmt und sich umwandelt. Durch das Eindringen von Wasser und durch Oxydation in den oberen Schichten entsteht das Brauneisenerz (Limonit). Die Erzlagerstätten sind von wechselnder Mächtigkeit, von Faustgröße bis 10 und mehr Metern und bis zu 200 m Länge.
Erst mit der Eisenverhüttung durch Steinkohle im Ruhrgebiet konnte unsere einheimische Industrie nicht mehr mithalten, sie musste dem Wandel der Zeit nachgeben und schließen. Viele Hammerwerke wurden zu Schneid- oder Mahlmühlen, aber noch 1800 wird über die Eisenindustrie im Fichtelgebirge berichtet: "Man zählet auf 14 Hochöfen, 2 Schar- und Sensenschmieden, 2 Weißblechschmieden, 7 Drahtschmieden, 1 Glockengießer und 24 Eisenhämmer."
Kein Schmiedefeuer ohne Holzkohle, keine Holzkohle ohne Kohlenmeiler.
Was verkohlen, eine Kohle, und ein Brand sey.
Wenn durch die Gewalt des Feuers alle wässerige und öhlige Materie endlich alles Pech und Theer aus dem Holze getrieben wird, und nur allein diejenige Feuerfangende Materie zurückbleibt, welche mit den Feuerbeständigen erdigten Theilen fest verbunden ist, so heißt solches das Holz verkohlen. Eine Kohle ist ein durchaus schwarz gebranntes Holz, sehr zerbrechlich, hat noch die völlige Gestalt des Holzes, daraus die Kohle gebrannt worden, und entzündet sich ohne lodernde Flamme, und ohne sichtbaren Rauch vom Feuer. Die Güte der Kohlen wird beurtheilet, aus dem Gebrauch derselben, nachdem ein scharfes, gelindes, schnelles, langsames, oder anhaltendes Feuer, zu dem vorgesetzten Endzweck vonnöthen ist. Diesen Endzweck zu erhalten, muß nicht allein die gehörige Gattung Holz ausgesucht, sondern auch auf die Regierung des Feuers, und andere Umstände gesehen werden, wovon in folgenden ausführlich wird gehandelt werden.Dieser Auszug aus der Schrift Cramers, dessen Abhandlung über das Verkohlen im Original über dreißig Seiten umfasst, beschreibt die Köhlerei sehr schön und lässt uns erahnen, dass viel Erfahrung und Entbehrung zu diesem Handwerk gehörten. Seine Abhandlung ist mit vielen Kupferstichen bebildet.
Die Meilerei bei Selb und im Egertal
Das Fichtelgebirge bildete in früherer Zeit eine einzige Waldlandschaft. Von allen Höhen zogen sich undurchdringliche Urwälder herab bis zu den Niederungen der Flüsse und Bäche. Für die zahlreichen Hammerwerke im Egertal kam die Holzkohle aus den Wäldern der Umgebung. 1491 besichtigte der Landeshofmeister Hans von Seyb auf Anordnung des Markgrafen Friedrich die Wälder. Das Ergebnis war zum Teil sehr unbefriedigend, so daß einschneidende Anordnungen erfolgten, dabei werden auch die Köhler im Selberwald zur Vorsicht ermahnt.
"Des feuers und anzundens halben bei den melden zu summer-zeiyten, auch jerlichen durch die forstmeister und forstknecht ein gemeyn gepot offentlichen in den kirchen allenthalben besche und ausgee, daß nymant kein feuer in die wold trag, und ob ein koler des aus seiner notturft nit entperen kan, daß er dasselb beware. Wie aber von jemand feuerschaden gescheen würde an melden oder sonst, der soll an all gnade an seinem leibe und an seinem gut gestraft werden nach gefallen der Herschaft."
Wie im "Landbuch der Sechsämter" von 1499 zu lesen ist, durften die für den Hammerherren arbeitenden Köhler nur nach Anweisung "hauen und kohlen". Wenn die Köhler ihr "gestet" d.h. einen Holzkohlenmeiler, anlegten, gaben sie dem Forstknecht "1 Seten koln" im Wert von 13 egerischen Groschen. Jeder Köhler brachte es im Jahr auf drei bis vier Meilerstätten. Daher bezogen die Hammerherren ihre Holzkohle von dreisig bis vierzig Köhlern. Auch versuchten sie Holzrechte in der Nähe ihrer Hammer zu erlangen, um die Transportwege zu verkürzen. Von einem der größten Hammerherren in unserer Region, Johann Christoph Weller (1647 -1721), erfahren wir von so einem Antrag, 1690 will er:
"....das Erbrefier von der über den Egerfluß unter meinem neuerbauten Hammer befindlichen und sogenannten Schaafbrucken an bis zu des Hammergrabens 200 Schritt den Berg hinan....."
Im Oktober 1691 wird das beantragte Gebiet ausgemessen und ihm zugesprochen, fortan konnte er es nach seinem Belieben nutzen.
Das Zuarbeiten für die Eisenindustrie der Fürsten brachte auch den Köhlern Vorteile, wie man aus den "Privilegien und Freyheiten" des Kurfürsten Karl Theodor vom 6. Mai 1784 ersieht:
"Alle diejenigen, welche bey Bergwerken in Gruben, Hütten, Mühlen, Pochwerken, Holz- und Kohlarbeiten, oder in anderen Bergarbeiten stehen, sie seyen angesessen oder unangesessen, ledig oder verheyratet, sollen von allen Rekrutirungen und Landesfahnen, und andern Musterungen befreyt seyn."
Auf einer Köhlerei waren oft mehrere Meiler, die einen im Anrichten, andere im Decken, wieder andere im Abkühlen oder im Abfahren begriffen. Eine gut eingerichtete Köhlerei musste so beschaffen sein, dass die Fuhrleute zur Anfuhr des Holzes, aber auch zur Abfuhr der Kohle gute Wege hatten. Diese Transportverhältnisse sind auch der Grund dafür, dass die Köhlereien im Walde errichtet wurden. Ein größerer Meiler verschlang 150 Kubikmeter Holz. Um diese Holzmenge anzufahren, sind rund 60 Fuhren nötig. Da aber beim Kohlen von Holz dem Gewicht nach nur 20 bis 25 % übrigbleiben, genügen zur Abfuhr 12 - 15 Fuhren. Es war daher logisch, dass man die Meilerei im Wald ließ. Vielfach verraten uns heute die Namen von Waldabteilungen oder Flurnamen, wo einst ein Meiler stand, im Selber Raum finden wir noch Hammerwald, Rußwiese, Kohlstatt, Dreistatt, Harangen, Rußberg, Kohlmeßhaus, Kohlstraße, Schmierofen, Teerofen und Bergköhler. Hinweise auf die Köhlerei erhält man aus den Aufzeichnungen von H. Kießling aus Selb, der sich 1969 auf die Suche nach Meilerplätzen in unseren Raum begab. Familiär vorbelastet, da sein Urahn Sofian Specht noch 1829 als Zainschmied in Silberbach tätig war, dieser kannte auch noch den letzten Köhler bei Wendenhammer, den sogenannten "Meilergschtür" dessen Meilerstätte auch noch mit einem Steinofen bestückt war. Kießling berichtet uns von insgesamt vierzig Meilerplätzen in folgenden Waldabteilungen:
Hachtenbrunnen / Fuchsbau (1), Bienstock (1), Bärenfalle (1), Hinterwald / Kroatenloh (2), Forst / Schwarzlache (3), Würfel (1), Hammerwald / Lausen (3), Dürrloh (1), Russwiese (1), Zeidlersteich (2), Ringberg (4), Selbrangen (4), Schroegelsberg (1), Oberwald / Kniebrecher (2), Unterwald / Schmierofen (3), Lohwiese (4), Erb (2), Hoher Stein (1), Polak (2), Wolfsgrub (1), Fuchshütte (1), Hohekopf (2), Soldat / Wurlitzloh (2), Dürrerschacht / Forstbrunnen (14), Hohe Wart (2), Brandberg (8), Dreistätt (2), Roglersbrunnen (2), Spindlingsloh (1), Gr. Hengstberg / Buchenkopf (2), Silberbrunnen (3), Stehloh (3), Kl. Hengstberg / Fuchswiese (1), Sandberg (2), Nachtberg / Beim Bergköhler (4), Jungholz / Eichelberggebiet (1), Wendenhammer-Ruine (1) Hachtenbrunnen
Das Bild zeigt einen Holzkohlewagen.
Die Kohlenmeiler im Fichtelgebirge rauchten schon lange nicht mehr, da kam 1994 Forstamtmann Hans Popp mit der Idee dieses alte Gewerbe wieder zu beleben und einen Meiler auf der Häuselloh zu Selb zu errichten. Am 28. Oktober 1994 wurde ihm vom Wunsiedler Landrat Dr. Peter Seißer die Genehmigung durch einen "Urkundlichen Erlaß" erteilt. Nachdem durfte nun das alte Handwerk künftig im Namen der Oberforstdirektion Bayreuth und des Forstamtes Selb wieder aufleben. Die erste neue Glut auf dem Meilerplatz entzündetet der inzwischen verstorbene Eberhard Buggel aus Landwüst. Der Meilerplatz liegt am idyllisch gelegenen ehemaligen Forsthaus Häuselloh.
Das Foto zeigt uns das 1969 abgerissene alte Forsthaus, erbaut 1870, auf dessen Fläche sich heute der Meilerplatz befindet.
Weitere Auskünfte durch Hermann Summa Tel. 09287/964145 E-Mail: fossil15a at t-online punkt de