Der Rennofen auf der Häuselloh
08. Juni 2002
In den Monaten Mai und Juni 2002 bauten die Schüler der Hauptschule Selb im Rahmen eines Unterrichtsprojektes einen Rennofen. Zum Meilerfest der Europäischen Natur- und Kulturlandschaft Häuselloh fand dann auf dem Meilerplatz ein Eisenverhüttungsversuch statt. Der Versuch auf der Häuselloh sollte zeigen, wie schon mit einfachen Mitteln und handwerklichen Fähigkeiten das einheimische Eisenerz zu schmiedbaren Eisen verhüttet werden konnte.
Die Eisenerzverhüttung und Eisenbearbeitung seit der Zeit um 700 v. Chr. machte die bäuerlichen Kulturen weitgehend unabhängig von den Rohstoffquellen. Während der gesamten Bronzezeit musste Metall importiert werden. Eisenerz hingegen stand fast überall im heimischen Boden zur Verfügung. Aufschlüsse über Eisengewinnung und Eisenverarbeitung geben uns Funde von Röstanlagen, Rennfeueröfen, sowie Meilerplätzen.
Die heutige Zeit verheimlicht ihrem Betrachter durch den Deckmantel der Natur sehr häufig den Blick auf die Geschichte. Um unsere Gegend, die Namen, Begriffe und das Tun unserer Vorfahren besser zu verstehen, wird versucht, dies an Projekten anschaulich zu machen. Dort wo der Selbbach mündet, war es früher nicht so still. Das Egertal hat schon ganz andere Zeiten erlebt. Davon berichten alte Urkunden und Bücher.
Unser Fichtelgebirge war im Mittelalter ein Zentrum der Eisenindustrie. Es rauchte und hämmerte in den Tälern, wo dem Menschen die Kraft des Wassers zur Verfügung stand. Wald, Gebirge und Flüsse boten die Voraussetzungen für die handwerkliche Herstellung von Rüstungen, Schwertern, Spießen, Pflügen, Werkzeugen, Nägeln usw. Ursache war der vorhandene Eisenstein, die Wasserkraft und die Wälder, die Holzkohle zur Verhüttung lieferten.
Nach der Bergordnung von 1539 war das Schmelzen von Erzen nur in Ausnahmefällen gestattet. Das heißt, wer Hammerwerke und Eisenverhüttung betrieb, brauchte eine Genehmigung. Der Erzabbau war schwere Knochenarbeit. Der Name Arzberg (Erzberg) kündet heute noch von diesem Handwerk. Der Hammer im Wellertal z.B. bezog seinen Eisenstein aus Arzberg und den Gruben „Victoria“ und „Gottes Gab“ bei Selb, sowie „St. Johannes“ bei Längenau, einem sehr strengflüssigen Eisenglimmer, wie berichtet wird. Mit schweren Fuhrwerken wurde das Eisenerz über schlecht befestigte Wege, z.B. Längenau, Häusellohe, Silberbach ins Wellertal befördert, wo es in Pochwerken kleingestampft wurde. Das dort zerkleinerte Eisenerz wurde dann im Rennofen ge-schmolzen und als schmiedbares Eisen im Hammerwerk weiterverarbeitet. Noch heute findet man, z.B. in der Waldabteilung "Brunnenbühl" beim Wellerthal alte Ofenruinen, die von der Eisenverhüttung im Fichtelgebirge künden. Ortsnamen wie Kaiserhammer, Hendelhammer, Wellerthal, Peckelhammer, Wendenhammer, Schwarzenhammer, Leupoldshammer und Hammergut erzählen von der Weiterverarbeitung des gewonnenen Rohstoffes. Erste urkundliche Aufzeichnungen im 14. Jahrhundert erwähnen ein „uraltes Bergwerk“ in Arzberg. Im 16. Jahrhundert befinden sich Bergwerke bei Kothigenbibersbach und Schlottenhof, sowie am Unteren Markt in Arzberg. Zu Humboldts Zeiten (18. Jahrhundert) liegen dem südlichen Marmorzug folgend die Eisengruben vorwiegend zwischen Arzberg und Röthenbach (woher auch das Erz für den Versuch auf der Häuselloh herstammt) und später auch im Unteren Revier östlich von Arzberg mit den Gruben „Morgenröte“ und „Kleiner Johannes“, wo in den letzten Jahren die Infostelle für Bergbau eingerichtet wurde.
Folgende Bergbauperioden in Arzberg sind bekannt:
bis um 1400 | Blütezeit des Tagebergbaus |
um 1430 | Rückgang des Bergbaus (Hussiten/Böhmenkriege) |
1618 – 1648 | Verfall des Bergbaus (Dreißigjähriger Krieg) |
1670 – 1730 | Kurzzeitiger Aufschwung unter Benedikt Beuthner und Christoph Weller. |
1792 – 1860 | Nachblüte während und nach preußischer Ver- waltung. (1792 – 1796 Alexander v. Humboldt in Arzberg). |
Um 1900 | Nochmaliger kurzer Aufschwung. |
Vor 1914 | Stilllegung der letzten Bergwerke |
1937 – 1941 | Letzter Bergbaubetrieb auf der Zeche „Kleiner Johannes“ |
Der Rennofen 2002 auf der Häuselloh wurde nach einem Grabungsfund, der auf ca. 150 v. Chr. datiert, nachgebaut.
Der Häuselloher Ofen wurde im Versuch mit Eisenerz aus Arzberg/ Röthenbach beschickt, um auf Johann Christoph Wellers Spuren zu wandeln. Dieses hatte den Schülern freundlicherweise Herr Ide, von der Informationsstelle für Bergbau, besorgt.
Das Erz stammte aus der ehemaligen Zeche „Einigkeit“. Es wurde zur Vorbereitung auf den eigentlichen Schmelzprozess am Himmelfahrtstag im Holzkohlefeuer einer flachen Feuerstelle durchgeglüht, um es von Feuchtigkeit, Kohlensäure und gegebenenfalls von Schwefel zu befreien. Dieses „geröstete“ Erz wurde dann von den Schülern in Handarbeit gepocht (zerkleinert).
Schon in den Wintermonaten waren im Unterricht zwei Blasebälge für die Sauerstoffzufuhr entstanden. In einem zehn Stunden dauernden Versuch wurde abwechselnd Eisenerz und Holzkohle zugesetzt. Beim Probeanstich am Samstag konnte 1 Kg Eisen gewonnen werden. Dann kühlte der Ofen bis Sonntag Mittag aus.
Bei der Ofenöffnung am Sonntag fand sich eine Luppe („Ofensau“) von 4,6 Kg und 5,58 Kg kleinere Eisenbrocken, so dass aus 14 Kg Eisenerz 11,18 Kg Eisen gewonnen werden konnten. Es wurden pro Kg Erz ca. 2 Kg Buchenholzkohle verbraucht.
Die geteilte, Ofensau“. Der Versuch der Schüler zeigt, dass es mit einfachen Mitteln möglich war, unser einheimisches Eisenerz zu verhütten.
Arbeitsgruppe „Handwerk & Technik“
Tel.: 09287 / 964145 od. E-Mail: fossil15a at t-online punkt de